Varzandehs Thema ist das Portrait unserer Stadtgesellschaft. Seine Bilder zeigen das moderne Großstadtleben und den Menschen bei der Arbeit oder in seiner Freizeit am Strand und in der Natur. Der Künstler fokussiert Momentaufnahmen, das Handeln und die Interaktion des oftmals Einzelnen. Nie illustriert er Massenszenen; der Topos des Ausschnittes ist immanent.
Der lebhafte, impulsive Malgestus mit seinen groben, chiffreartigen Pinselschwüngen und die leuchtenden hellen Farben unterstreichen die pulsierende Schnelllebigkeit und die Vielfalt der Sujets: Cafèhausszenen, Passanten und Spaziergänger auf den Promenaden der Städte, Radfahrer, Picknicks und das vergnügliche Treiben am und im Wasser. Die Dynamik und Bewegung seiner Bilder erzielt Varzandeh durch die Auflösung der Formen. Die pastos und vielschichtig aufgetragenen Lichtsetzungen und Reflexionen verwischen und „vermalen“ die Motive, agieren „am Gegenstand vorbei“. Die zunächst naturalistisch erfasste Dinglichkeit wird Schritt für Schritt überarbeitet, bis jener Abstraktionsgrad erreicht ist, welcher das Typische, Charakteristische der Personen oder der Situationen am prägnantesten verdeutlicht. Die Flüchtigkeit des Augenblicks und die Zufälligkeit des Moments kommen unmittelbar zum Tragen. Die bildnerischen Impressionen sind weniger idyllisch, vielmehr atmosphärisch. Sie repräsentieren die Dialektik zwischen westeuropäischer Malerei und der persönlichen Prägung durch die traditionelle persische Kunst, welche einen festen Bestandteil in Varzandeh‘s künstlerischer Identität und Eigenständigkeit darstellt. Der abstrahierende Gestus stilisiert die Leinwand zu einem eigenständigen Muster, zu einer ornamentalen Malerei. Varzandehs Kunst agiert im Großen nicht nur als darstellende, narrative Abbildung von Wirklichkeit und Realität, als „Farbe ergibt Form–und–Motiv–Prinzip“, sondern im Kleinen als Dialog zwischen Farbe und Struktur, zwischen Impression und Expression.
Text © Anja Jahns
